Bockgruppenhaltung Vorurteile
Vorurteile zur Bockgruppenhaltung
(Externer Link)
Böcke stinken mehr als weibliche Meerschweinchen!
Das ist nur bedingt richtig.
Männliche Meerschweinchen markieren ihr Revier und
alle unterlegenen Tiere und Weibchen mit Urin und
einem Sekret aus der Perinealdrüse. Bei
Neuvergesellschaftungen und bei der Brautwerbung
wird häufiger von diesem Verhalten Gebrauch
gemacht. Dadurch kann es kurzzeitig zu einem
strengeren Duft kommen. Leben die Partner länger
in einer Gruppe zusammen, wird diese Verhalten
irgendwann uninteressant. Wie bei einem älteren
Ehepaar braucht MANN sich nicht mehr ständig um
die Gunst des Partners zu bemühen, MANN ist sich
sicher!
Mehrere männliche Meerschweinchen vertragen sich nicht!
Diese Behauptung ist falsch!
Leider wird aber oft der Fehler gemacht, dass zwei
Jungtiere zusammen angeschafft werden. Nun ist es
aber so, dass ein süßes Babyböckchen mit 3 bis 4
Wochen erst beginnt das Sozialverhalten von den
Alttieren zu lernen. Es weiß noch überhaupt nicht,
was man als Meerschweinchen darf und was nicht. Es
hat nicht gelernt Streit zu vermeiden und ist
relativ hilflos in den meisten Lebenssituationen.
Ein Altböckchen kann dem Jungtier alles
„beibringen“ was es im Leben wissen muss, um
später ein ganzer Kerl zu sein. Tiere die ohne
Lehrmeister aufgewachsen sind, haben später häufig
Schwierigkeiten sich in eine bestehende Gruppe
einzufügen, ohne dass es zu Rangeleien kommt.
Sollten sich Böckchen doch einmal richtig streiten, kann es
auch zu einer Katastrophe kommen. Die Jungs können
sich aus scheinbar unerklärlichem Grund zu einem
Knäuel verbeißen! In einem solchen Fall heißt es
dann Ruhe bewahren und nicht mit ungeschützter
Hand dazwischen zu greifen. Die Kontrahenten
vergessen ihre Umwelt bei solchen Kämpfen total
und können das Zweibein ungewollt ernsthaft
verletzen. Es ist besser einen Karton oder ein
Brett zwischen die Streitenden zu schieben und zu
versuchen diese dann zu trennen. Bei mir hat sich
ein Handfeger bestens bewährt. Kleinere Machtkämpfe
gehören bei einer Bockgruppe dazu. Häufig wird
über Gebärden und Lautäußerungen geklärt, wer der
Boss ist. Kopf hochreißen, Körper seitlich
stellen, größer machen, Zähneklappern, Fauchen,
Haare sträuben und in der Einstreu Scharren sind
Drohgebärden, die das ranghöhere Tier dabei von
sich gibt. Die unterlegenen, rangniederen Tiere weichen
den stärkeren aus, gehen beiseite, gähnen oder lassen sich
(unter lautem Protest) besteigen oder mit Urin
bespritzen.
Reine Böckchengruppen sind unnatürlich, in der Natur gibt es diese
Gruppenkonstellation gar nicht!
Das ist nicht richtig!
Beobachtungen an Wildmeerschweinchen haben
gezeigt, dass die rangniederen und Jungböckchen
häufig in Junggesellengruppen am Rande des
eigentlichen Rudels aufwachsen. Erst später haben
sie mit genügend Erfahrung die Möglichkeit dem
Rudelführer einige Damen zu entführen und selber
Herrscher über eine neue Gruppe zu werden. Diese
männlichen Randgruppen haben außerdem die Aufgabe
die Kerngruppe frühzeitig vor Gefahr zu warnen. Dabei
finden sich in größeren Männer-WG´s häufig richtig dicke
Freunde fürs Leben. Es wird viel zusammen
unternommen, man beschützt sich gegenseitig und
liegt gerne beieinander.
Altböcke kann man nur mit männlichen Jungtieren
vergesellschaften!
Diese Behauptung ist bedingt
richtig!
Jungtiere ordnen sich
leichter den erwachsenen Tieren unter. Wie schon
geschildert müssen junge Meerscheinchen das
Sozialverhalten erst von den erwachsenen Tieren
erlernen. Zu einem eigentlichen Streit um den Rang
in der Gruppe kommt es vor allem in den
verschiedenen Rappelphasen, also in der Pubertät
der Böckchen. Die Rangstellung in der Gruppe ist
meist mit ca. einem Jahr geklärt. Verlässt jedoch
ein Gruppenmitglied die feste Gruppe (z.B. durch
Tod) oder kommt ein neues Mitglied dazu, dann kann
es zu heftigen "Diskussionen" kommen.
Durch eine Kastration vermeidet man Streit zwischen zwei
männlichen Meerschweinchen!
Diese Behauptung ist falsch!
Keiner kann voraussagen, wie und ob eine neue
Zusammenführung gut geht oder nicht. Deshalb ist
eine Böckchengruppe auch nichts für Anfänger und
sollte besser erfahreneren Meerihaltern
vorbehalten bleiben.Hat sich eine Bockgruppe
einmal zerstritten, dann bringt auch eine
Kastration selten noch Besserung. Das Bewusstsein
im Kopf der Böckchen "ein Kerl zu sein", lässt
sich nicht wegoperieren. Allenfalls werden die
Tiere etwas ruhiger. Frühkastrate werden häufig
als Neutrum (geschlechtslos) betrachtet und
befinden sich in der Rangordnung ganz unten.
Kastrate haben schließlich aber den Vorteil, ohne
lange Wartezeit zu Damen
ziehen zu können, falls
die Bockgruppe auseinanderbricht.
Böckchen kann man in handelsüblichen Käfigen halten!
Ich habe in den vielen Jahren meiner Haltung von
Böckchengruppen und Meerschweinchen allgemein die
Erfahrung gemacht, dass zur Böckchenhaltung eine
Mindestgröße des Geheges von 2 bis 3 m² (je größer
desto besser) sinnvoll ist. Das Gehege sollte eine
breite Fläche haben. Schmale Gehege von unter 80
cm bieten den Böckchen nicht die Möglichkeit
problemlos an einem Kontrahenten vorbeizulaufen.
An Engstellen kommt es häufig zu Streit: Wer darf
zuerst? Es sind eben Männer...Wichtig
ist nicht nur die Größe des Geheges, sondern auch
dessen Struktur. Die Böckchen gehen sich häufiger
mal gegenseitig auf den Keks und müssen einander
dann völlig aus dem Wege gehen können.
Meerschweinchen sind in diesem Fall wie kleine
Kinder: Was ich nicht sehen kann, ist auch nicht
da! In handelsüblichen Gitterknästen ist dies
aufgrund der geringen Maße nicht möglich, deshalb ist diese Behauptung
falsch!
In Bockgruppen ab vier
Mitglieder KANN sich die Gehegegröße auf einen
halben m² pro Tier relativieren, aber auch nur,
wenn die Gruppe harmoniert! Häuser und
Unterschlupfe sollten stets mehrere Eingänge haben
und nirgends sollte ein Engpass (wie ein Schlauch
oder Trichter) vorhanden sein. Noch besser sind
Tischchen und Unterstände, die bei Bedarf
jederzeit von dem Deckung suchenden Böckchen zu
allen Seiten hin verlassen werden können.
Es dürfen keine weiblichen Meerschweinchen im gleichen
Raum untergebracht werden, in dem eine
Bockgruppe lebt!
Diese Behauptung ist
schlichtweg falsch!
Solange sich Damen und Herren nur hören, sehen und indirekt
riechen, aber keinen direkten Körperkontakt
aufnehmen können, werden sich die Tiere nicht
beachten. Dennoch sollten die Damen für die
Bewohner einer Männer-WG immer unerreichbar
untergebracht werden, um ungewollten Nachwuchs zu
vermeiden. Dabei können Böckchen ungeahnte
Kletter- und Sprungfähigkeiten an den Tag legen.
Also Vorsicht!
Copyright: Gabriele Busch, 2014